Warum ich das Wort „behindert“ nicht mag

Kommentar von Stefan Schneider

„Auf der Autobahn kommt es zu Behinderungen durch…“, „Aufgrund schwerer Behinderungen ist ein reibungsloser Ablauf nicht möglich…“ oder „Hey, bist du behindert, Mann?“ (Anm.: typische Jugendsprache) sind klassische Sätze die man im Alltagsleben liest oder hört.

Eindeutig wird das Wort „behindert“ in all den Beispielen negativ belegt bzw. assoziiert. Ein „Behinderter“ ist jedoch kein Mensch mit negativen Eigenschaften. Er atmet, denkt und lebt – nur halt etwas anders, als die meisten Menschen. Stellt sich also die Frage, ob ich zu denen zukünftig „Hey, Du Nichtbehinderter…“, oder „Hey, Du Normalo…“ sagen soll. Klingt irgendwie komisch für mich.

Eine andere Variante ist Mitleid. Oft denken oder sagen Leute „Oh, der arme Behinderte…“, „So behindert wollte ich nicht leben…“. Hierbei versuchen sich Menschen in die Situation hineinzuversetzen und da sie diese nicht kennen, muss es also negativ sein. Klar ist, dass Behinderte es nicht immer einfach haben und einige Hürden überwinden müssen. Doch trotzdem ist unser Leben lebenswert, lustig und viele Behinderte sind Frohnaturen.

Was ist also die Alternative? Den Mensch sehen und nicht seine Andersartigkeit. Ein Behinderter kann ein „netter Mensch“ oder ein „Arschloch“ sein, und das hat nichts mit seiner Behinderung zu tun, sondern mit seinem Wesen und Sozialverhalten.

So schrieb Raul Krauthausen im Oktober 2010 in seinem Blog„Das ist wirklich wahre Gleichberechtigung: Warum sollte es auch unter Menschen mit Behinderung nicht Diebe geben, die andere Menschen mit Behinderung ausrauben?!“

Daraus ergibt sich also eine vereinfachte Unterscheidung zwischen „Mensch“ und „Arschloch“. Diese Differenzierung lässt sich nicht nur auf Behinderte, sondern auf Ausländer, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung und andere Minderheiten anwenden.

Meine Freunde, Bekannten und Verwandten behandeln mich z.B. ganz normal. Sie sehen den Menschen in mir, der genauso gut oder schlecht ist, wie jeder Andere auch. Mein Freundeskreis z.B. nimmt keine besondere Rücksicht auf mich. Solange ich nicht nach Hilfe frage, bekomme ich sie nicht. Sie gehen davon aus, dass ich sie nicht brauche, solange ich mich nicht anders äußere. Manchmal kommt auch der Satz „Oh, daran hab ich gar nicht gedacht, dass du da nicht dran kommst.“ In diesem Moment hat er den Menschen in mir gesehen und nicht an meine Behinderung gedacht oder Mitleid mit mir gehabt. Ich war also in der Situation „total integriert“. Ein schönes Gefühl ist das.


Dies ist ein persönlicher Kommentar. Ein Kommentar spiegelt stets eine Einzelmeinung wieder und nicht zwangsläufig die Meinung von SOZIALZÜNDER.

1 Kommentar

  1. Hallo Stefan!

    Ich finde deine Aussagen sehr wichtig und gut! Hinzufügen muss ich aber noch, dass man nie von einem „normalen“ Menschen sprechen kann, denn jeder Mensch auf dieser Erde hat irgendeinen Makel oder eine Behinderung. Nur sind manche eben offensichtlicher und manche kleiner und versteckter! Niemand wird sich je als perfekten Menschen bezeichnen können. Und genau deshalb sollte man jeden mit dem selben Respekt und Verhalten behandeln. Wenn jemand z.B. ein „Arschloch“ ist, fehlt es ihm vll. An emotionalem Einfühlungsvermögen. Was eine viel schlimmere Behinderung darstellt, wie eine körperliche Behinderung, weil er mit seiner Eigenschaft auch andere Menschen beeinflusst und vll. sogar schadet…

    In diesem Sinne wünsche dieser Seite viel Zuspruch und Erfolg, auf dass die soziale Kraft überwiegt 😀

    Elena

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